Meine Horrornacht in Neuseeland

Ich weiß nicht genau, in welche Kategorie ich diese Geschichte packen soll. Horror? Freundschaft? Scham? Unerklärbares? Gott und die Welt? So vieles würde passen, aber ich habe mich für "Rausch" entschieden, da dieser für alles verantwortlich war. Kurz zur Vorgeschichte: Zwei Freunde und ich (alle männlich) haben uns entschieden nach dem Abitur ein Work & Travel Jahr in Neuseeland zu machen. Die Geschichte fand zur Anfangszeit statt. Wir hatten es uns etwas leichter vorgestellt Arbeit zu finden, denn nach zwei Wochen Suche, hatten wir noch immer nichts.

So kontaktierten wir eine Bekannte, die schon etwas länger in Neuseeland war und fragten, ob sie ne Idee hätte. Sie meint, dass die mit einer relativ großen Gruppe in einer kleinen Stadt (5000 Einwohner) auf einem Campingplatz sind und deren Arbeitgeber noch Leute sucht. Diese Chance wollten wir uns nicht entgehen lassen und sind dann auch dort hin. So viel zur Vorgeschichte.

Leider war der "Arbeitgeber" ein Lügner und hielt uns zwei Wochen hin, obwohl er am ersten Tag meinte, dass wir nach spätestens zwei Tagen anfangen können. Er war eher ein Vermittler, aber das ist eine andere Geschichte. Besagter Arbeitgeber kam eigentlich jeden Abend zum Campingplatz und verbrachte den Abend mit der Gruppe. Er brachte Alkohol und Gras mit, was man sich sonst nicht leisten konnte, da Alkohol in Neuseeland sehr viel teurer ist (ca. 4x so teuer wir hier), jedenfalls war es damals (2015) so. Wir drei waren nie dabei, da wir darauf nicht so Lust hatten und auch nicht bei denen im Bungalow gewohnt haben.

Eines Abends waren wir jedoch bei denen, als der besagt "Arbeitgeber" (übrigens mind. doppelt so alt wie alle anderen) mit Alkohol und Gras ankam. Ich weiß garnicht mehr, ob wir zu dem Zeitpunkt schon gearbeitet haben. Naja, auf jeden Fall kam es dann dazu, dass ich zusammen mit ihm und einer anderen Person aus deren Gruppe einen Blunt geraucht habe. Es sei gesagt, dass ich zu dem Zeitpunkt noch nicht wirklich oft gekifft hatte, sondern eher nur paar Züge nahm, wenn jemand mal neben mir was hatte und gefragt hat, ob ich auch mitrauchen will. Bisher hatte ich nie die Wirkung von Gras so richtig gespürt, daher versuchte ich dieses Mal den Rauch länger in der Lunge zu halten, da mir gesagt wurde, dass das dann ne stärkere Wirkung hat. Dieses Mal war alles anders und ich erlebte die schlimmste Nacht meines Lebens.

Plötzlich stand ich in der Küche und alle anderen saßen am Tisch. Alle sprachen rückwärts und es geschah auch alles rückwärts. Bewegungen etc. waren rückwärts. Ich frage mich bis heute, wie das Bewusstsein einem solche Streiche spielen kann. Ich war selbstverständlich maximal verwirrt und plötzlich habe ich mich über den Küchentisch erbrochen, jedenfalls dachte ich das, denn ich erfuhr am nächsten Tag, dass das nie passiert ist. Ich wollte danach raus aus der Küche und dann passierte das eigentlich schlimmste an dem Abend. Ich ging von einer Seite des Raumes zur Tür, sah die Klinke an und ging wieder zurück zur anderen Seite der Küche. Das gleich passierte nochmal, zur Tür und wieder zurück. Dann nochmal. Dann nochmal. Ich erlebte das zwar aus meiner Perspektive, war aber irgendwie dennoch auf einer Metaebene. Es ging immer so weiter und ich hatte keinen Einfluss auf die Bewegungen. Es fühlte sich wie Stunden an und ich hatte Todesängste, da ich dachte ich bin für immer in diesem Teufelskreis gefangen.

Nach einer Weile wünschte ich mir den Tod, da ich aus diesem Kreislauf raus wollte. Es war eine Qual, denn für mich war das meine neue Realität und ich dachte, dass ich da nie wieder rauskomme(in Wahrheit stand ich wohl nur vor der Tür und habe auf die Klinge gestarrt). Da ich nicht ansprechbar war, haben mich meine beiden Freunde und die Bekannte, die wir kontaktiert hatten wegen nem Job, in unsere Wohnung, die 40 Meter vom Bungalow entfernt war gebracht, um mich schlafen zu legen. Ich erinnere mich noch an jedes Detail, wie zum Beispiel an den Asphalt an meinen Füßen oder dass ich laut zu Gott gebetet habe, obwohl ich eigentlich Atheist war. "Im Schützengraben ist keiner Atheist". Das Zitat scheint bei mir zu stimmen.

Naja, dann wurde es noch komischer. Als wir vor der Tür standen, wurde alles schwarz. Alles war weg und ich wusste nicht, was gerade los ist. Meine Freund konnte ich noch hören, aber gesehen habe ich nichts. Erst als ich Worte aussprach, habe ich sie gesehen. "Tür", "Schlüsselloch", "Schlüssel", "mit einem Schlüssel öffnet man eine Tür" und das ging die ganze Zeit so weiter, denn ich dachte, dass ich die Welt neu erschaffen muss. Ich dachte ich wäre Gott und muss so schnell es geht alles Wissen das ich habe aussprechen, weil die ganze Welt es sonst verliert. So ratterte ich alles Mögliche runter. Meine Freunde habe sich darüber amüsiert, was ich zu 100% auch getan hätte, aber sie hatten wohl auch Angst. Die Bekannte fand es eher nicht lustig und hat auch geweint, wie ich später erfuhr. Dann war mir kalt und ich setzte mich vor die mobile Heizung und hab noch viel über den Tod und alles wohl gesprochen, aber daran erinnere ich mich nicht so gut. Irgendwann bin ich wohl eingeschlafen.

Am nächsten Morgen ging es mir zuerst wieder gut, als plötzlich die Idee in meinen Kopf schoss, dass die ganze Welt garnicht real sei und ich bekam extreme Todesängste. So ging ich ins Bett meines Kumpels und bat um Hilfe. Aber was soll man als Freund machen? Er versuchte mich zu beruhigen und so langsam wurde es besser. Irgendwann war wohl alles aus meinem Körper raus und mir ging es wieder gut. Ich schrieb alles auf, jedoch musste ich nicht nachschauen, um diesen Text zu schreiben, da ich mich noch an alles erinnern kann. Es war wohl für alle eine turbulente Nacht, aber das Thema war danach eigentlich durch. Dem anderen ging es übrigens auch nicht so gut, hatte wohl Schüttelfrost, aber nicht so einen Trip wie ich, da er auch trainierter im Kiffen war und weniger geraucht hat.

Was kann man aus der Geschichte lernen? Ich weiß es nicht genau. Das Gras war definitiv gestreckter Müll, daher eventuell die Quelle abchecken, bevor man Drogen konsumiert. Dem Arbeitgeber hat es nichts ausgemacht, da er Dauerkiffer war, aber bei mir hat es eben eine andere Wirkung gehabt. Dennoch möchte ich nicht sagen, dass Gras eine super gefährliche Droge ist und auch ich habe danach noch ein bis zwei mal einen Joint mitgeraucht, aber mit großer Vorsicht.

Übrigens, falls ihr ein Work & Travel Jahr in Neuseeland machen wollt, achtet darauf, dass der Arbeitgeber die Steuern zahlt (kann man online nachschauen), denn unser tat es nicht und wir haben ihn zur Rede gestellt, da wir es vor Ort noch gemerkt haben. Er log munter weiter und so haben wir es dem Bruder des Campingplatzbesitzers gemeldet, welcher beim Finanzamt gearbeitet hat. Letztes Jahr wurde dann einer meiner Freunde angerufen und sollte per Skype vor Gericht aussagen, da dieser Arbeitgeber wegen Steuerhinterziehung angeklagt wurde. Er sagte zu, aber befragt wurde er nicht.


Lade Dir die kostenlose Geheimness-App für dein Smartphone und kommentiere den Beitrag!


Beitrag