Wände

Wände.
Um mich herum.
Vier Stück von ihnen umringen mich, sperren mich ein, das Dach hält mich hier, doch ich merke es nicht.
Es war schon immer so.
Es wird immer so bleiben.
Es ist normal.
So normal, dass man es mit der Zeit nicht mehr wahrnimmt.
Ich sehe sie nicht.
Es ist okay.

Dekoration an den Wänden.
Fotos, Kinderzeichnungen.
Erinnerungen.
Ich schwöre, sie nie zu vergessen.

Weiße Wände.
Sie ist weg und hat alles mitgenommen.
Ich sehe sie nie wieder.
Ich vermisse sie nicht.
Die Erinnerungen verblassen.
Es ist mir egal.
Ich lasse es zu.

Bunte Wände.
Du bist da und hast sie angemalt.
Wild und doch strukturiert.
So bist du eben.
Malen kannst du.

Leere Wände.
Du musstest gehen und ich wollte es nicht wahrhaben.
Die Leere erdrückt mich doch ich will nichts dagegen tun.
Alles andere als das Nichts wird mich nur enttäuschen.
Alles ist leer.
Ich bin leer.

Schwarze Wände.
Die Dunkelheit ist viel schlimmer als die Leere.
Sie erdrückt mich, nimmt mir die Luft zum Atmen.
Die Decke wird immer niedriger.
Ich höre niemanden und niemand hört mich.
Niemand sieht mich.
Niemand nimmt mich wahr.
Der Sturm hat Löcher in die Decke gerissen und es regnet herein.

Die Löcher werden größer.
Ich merke, dass ich durch sie den Himmel sehen kann.
Ich merke, dass es etwas anderes als meine Welt in den Wänden gibt.
Ich merke, dass ich hier raus will.

Keine Wände mehr.
Ihr habt sie abgerissen und mich herausgeholt.
Ich blinzele und schaue mich um.

Ich sehe Farben.
Viel mehr, als ich mir in den Wänden hätte erträumen können.
Sie heißen mich willkommen.

Vielleicht hätte ich die Wände wieder aufbauen können.
Vielleicht hätte ich das Dach wieder aufbauen können.
Doch das habe ich nicht vor.

Ihr seid da und helft mir, stützt mich, fangt mich auf.
Ihr seid da.

Doch dich hab ich immer noch nicht vergessen.


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