Einzigartigkeit

Ich würde sagen, viele Menschen halten sich für ein bisschen anders als die Anderen. Und selbstverständlich ist das auch richtig so, da wir alle einzigartige Individuen sind.

Ich bin Schülerin, besuche die Mittelstufe eines Gymnasiums und natürlich unterscheide auch ich mich von meinen Mitmenschen. Ich habe meinen eigenen Klamottenstil, ich bin der größte Fan einer Buchreihe, der sich in meinem Umkreis finden lässt, ich mag die Schule im Gegensatz zu manch anderen und so weiter und sofort. Doch es gibt diesen einen Punkt, von dem ich denke, dass er sich nicht mehr zu diesen "normalen" Abweichungen zählen lässt.

Ich weiß nicht wirklich, wo ich anfangen soll. Ich hatte eine ganz gewöhnliche, glückliche Kindheit. Ich würde sagen, meine schleichende Veränderung hat in meinem zweiten Jahr an der weiterführenden Schule angefangen, aber erst im Jahr darauf war ich in der Lage, das, was da vor sich ging, auch zu benennen. Die Menschen um mich herum wurden mir unwichtiger, meine Emotionen nahmen ab.

Richtig gelesen. Genau das, was eigentlich in der Pubertät passieren sollte, also die enge Bindung zu Freunden, emotionales Chaos und erste Verliebtheitsgefühle traten bei mir nicht ein.
Anfangs redete ich mich noch damit raus, dass ich garantiert einfach nur ein wenig länger brauchen würde. Wir entwickeln uns einfach alle unterschiedlich schnell. Aber mit der Zeit wurde mir bewusst, dass da wirklich irgendwas ganz gewaltig anders ist als bei den anderen Menschen.

Gefühle sind bei mir schwach, halten nicht lange an und lassen sich ohne Probleme ausblenden. Ich besitze zwar einen moralischen Kompass - schließlich habe ich von klein auf gelernt, was als richtig und falsch angesehen wird - und doch habe ich kein schlechtes Gewissen, wenn ich dem entgegengesetzt handle.
Als zwei nähere Familienmitglieder starben, ein Großelternteil und eine wichtige Bezugsperson aus meiner Kindheit, weigerte ich mich zu den Beerdigungen zu gehen, denn ich wusste, dass es mir schwer fallen würde, die angemessene Trauer zu zeigen.

Ich redete mich damit heraus, keinen Schultag verpassen zu wollen.
Ich bin eine Theaterspielerin und gewöhne mich immer mehr an meine Rolle, mich so zu verhalten, als wäre alles normal und meine Emotionen genau wie die der anderen. Doch ich wünsche mir, ich könnte aus meiner Rolle ausbrechen.


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