Perfide Kochkunst

Drehen wir die Zeit ein bisschen zurück. Ich bin 16, habe, wie jeder Junge in meinem Alter, ein mehr oder eher weniger gutes Verhältnis zu meinen Eltern und nun wirklich nicht viele Dinge im Kopf. Eigentlich nur zwei - was nach einer elend langen Schulwoche am Wochenende mit den genauso hormon-gesteuerten Freunden ansteht, und Mädchen. Letzteres wurde in der Zeit immer prominenter. Die Schulzeit war gezeichnet von halbgaren Beziehungs-Dramen, wer mit wem geknutscht hat und Jungs-Gesprächen auf etwaigen Dorffesten, für die ich mir heutzutage wohl selbst eine ausgewachsene Backpfeife geben würde.

Trotzdem ergab es sich, dass ich zu diesem Zeitpunkt etwa meine erste richtige Freundin hatte - auch wenn es für "verliebt sein" damals schon reichte, wenn man dieselbe Lieblings-Farbe hatte. Natürlich wollte ich es ihr - nennen wir sie der Einfachheit halber mal Laura - so gut ich konnte recht machen. Ich strengte mich mich wirklich an, einmal habe ich ihr sogar nach der Schule Blumen mitgebracht. Dafür wurde ich zwar von meinen Jungs doch sehr schief angeschaut und musste den ein oder anderen schlechten Witz über mich ergehen lassen, aber da Laura sich tatsächlich gefreut hat, war es das wert.

Laura war Vegetarierin. Heute ist das ziemlich häufig - damals war das aber noch etwas Besonderes. Mir war das egal, was interessierte mich, ob sie nun Salat oder Schnitzel in der Schulkantine aß. Meine Mutter fand das Ganze seltsam: "Wie einem denn kein Steak schmecken könne", meinte sie mal. "Jaja", antwortete ich auf sowas nur. Was meine Mutter davon hielt, konnte mir ja ziemlich egal sein. Irgendwann kam allerdings der Punkt, wo diese Einstellung ungewollt zu einer Katastrophe ausartete.

Nach ein paar Monaten (mehr oder weniger) reibungsloser Beziehung wollten meine Eltern Laura auch mal richtig kennenlernen. "Lad sie doch mal zum Abendessen ein!", so meine Mutter. "Klar", sagte ich. "Was soll schon schiefgehen", dachte ich. Ich hatte meiner Mutter gesagt, dass Laura Vegetarierin ist - "Kein Problem", war die Antwort, mit einem Zwinkern, das mir wohl eine Warnung hätte sein sollen.

An besagtem Abend sollte es Chilli geben. Meine Mutter macht super Chilli - frisch und gut gewürzt. Wir hatten im Garten damals sogar ein paar Chilli-Schoten angebaut, so wurde das schon fast zu einer Spezialität. Fleisch gehörte auch dazu - meistens Kalbfleisch, manchmal auch einfaches, gemischtes Hack. Für Laura sollte das Ganze natürlich mit Tofu abgerundet werden.

Der Abend lief auch erstmal friedlich ab. Es gab leckeres Chilli, die Peinlichkeit hielt sich in Grenzen und Laura war zufrieden. Bis meine Mutter dann zu etwas ansetzte, mit dem ich dann doch nicht gerechnet hatte.

"Sag mal Laura - hat's dir denn geschmeckt?", fragte sie. Laura bejahte - na klar, es war wie immer gut. "Na siehst du! Fleisch schmeckt halt einfach. Ich wollte diesen Tofu-Kram nicht kochen, da dachte ich, ich probier einfach mal aus, wie es dir schmeckt.", war die zwinkernde Antwort. Meine Mutter hatte meiner Vegetarier-Freundin allen Ernstes das gute, aber von vegetarisch wohl so weit entfernte, wie ich es von einem 1,0er - Abitur war, Fleischtheken-Hack untergejubelt.

Was folgte, könnt ihr euch wahrscheinlich schon denken. Viel Scham, gefolgt von Entschuldigungen meiner Wenigkeit, Unverständnis meiner Mutter und nicht zuletzt eine Freundin, die auf dem Klo weinte. Irgendwann hat meine Mutter eingesehen, dass das wohl ein gar nicht so lustiger Scherz war - das war Laura leider herzlich egal. Zum Essen kam sie in der Zeit, die wir noch zusammen waren, nicht mehr vorbei.


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