Plan B - Kellnern auf Mallorca

Im Sommer 2016 kontaktierte ich eine Werbeagentur auf Mallorca. Ich sollte Tickets für ein Partyboot im Ballermann verkaufen. Mir wurde gesagt, dass die Erfahrung großartig werden würde: Leute in meinem Alter, alle Studenten, alle bestrebt, Freunde zu finden und zu feiern. Ich dachte es wäre cool eine neue Erfahrung zu machen. Als ich auf der Insel landete, holte mich der Chef der Agentur ab und ich merkte bald, dass dies die größte Enttäuschung meines Lebens sein würde. Die Veranstalter waren ehemalige Hooligans aus Köln oder einige dumme Jungs aus einer kleinen Stadt in Deutschland. Das Ganze wurde zum Alptraum - mit denen zu arbeiten kam für mich nicht in Frage. Glücklicherweise war ich schon damals nicht auf die Nase gefallen und schuf einen Plan B: Ich suchte mir einen Job als Kellner. Ich war blutjunge 21 Jahre und hatte noch nie in meinem Leben gekellnert, geschweige denn mit Lebensmitteln hantiert. Doch ich musste was finden und tingelte am Tag drauf von Bar zu Bar. Kellner finden hier immer eine Anstellung, alleine in einer Straße gibt es 8 verschiedene Bars die Verstärkung suhen. Ich bekam eine Chance in einem deutschen Restaurant - einem 3 Sterne Hotel mit lokalen Speisen für Touristen.

Als ich an dem Probetag ankam, fragten sie, ob ich irgendwelche Erfahrung hätte. "Klar, ich habe schon oft gekellnert" flunkerte ich. Sie wollten auch wissen, ob ich Spanisch könne. Ich sagte ihnen, mein Spanisch sei so gut wie einheimisch - war es damals auch. Der Oberkellner schien nett zu sein und er war begeistert, dass ich Spanisch sprach, denn bei ihm war in Sachen Sprachkenntnis nicht viel zu holen. Üblicherweise waren jedoch 80% der Kunden Deutsche!

Meine erste Aufgabe bestand darin, dass ich ein Tablet mit Prosecco-Gläsern an einen Tisch mit deutschen Frauen mittleren Alters bringen sollte. Ich war nervös. Ich sagte dem Barkeeper, dass ich meine Erfahrung in alternativen Bars in Berlin gemacht habe, wo man keine vollgeladenen Tablets mit Prosecco serviere. Leicht gestresst entgegnete er mir, "dass das schon werden würde" und ich mir "keine Sorgen machen solle". Ich bestand jedoch darauf, dass ich mit so etwas nicht umgehen konnte. Es schien im Moment eine unmögliche Aufgabe zu sein: Ich hatte bis zu diesem Tag noch nie ein Tablet in der Hand gehabt. Der Oberkellner liess sich aber nicht beeindrucken und zeigte mir mit ein paar schnellen Handbewegungen, wie ich das Tablet halten und tragen solle: Um die Aufgabe kam ich nicht herum.

Gequält nahm ich also das voll geladene Prosecco-Tablet in die Hand und ging los. Eigentlich easy, bisschen schwer aber ich hatte die Kontrolle. Ich stellte das Tablet ab und fing an die Gläser zu verteilen. Das erste Glas, alles in Ordnung, das zweite Glas, wieder easy, dann das dritte: Scheiße! Direkt auf den Schoß einer der Frauen gelandet. Ich war zu nervös und weiss bis heute nicht wie ich das angestellt habe. Es war mega peinlich.

Ich entschuldigte mich und rannte in die Küche. Der Chef und der Barmann konnten es nicht glauben. Der Oberkellner entschuldigte sich bei den Frauen und bot ihnen kostenlose Vorspeisen an. Er sagte nichts zu mir - ich glaube, der Laden brauchte einfach viel zu dringend Kellner. Zwei Stunden vergingen und dann sagte der Oberkellner, ich solle es noch einmal versuchen. der Barkeeper sagte: "Es ist Training am Arbeitsplatz!", er sah dabei irgendwie unsicher aus.

Ich dachte: "Verdammt, sie wissen, dass ich es noch nicht kann, ich bin nervös und sie wollen immer noch, dass ich es mache?! Großartig, ich werde es tun". Ich nahm das mit zwei unschuldigen Bieren beladene Tablet. Eine sehr einfache Aufgabe, aber einen weiteren Faux-Pas konnte ich mir nicht erlauben. Der Gang zum Tisch verlief problemlos. Ich fühlte mich sicher, obwohl ich das Gefühl hatte, alle würden starren. Am Tisch sass ein Paar. Das Mädchen sah verdammt gut aus: Scheiße, mehr Druck. Ein Bier runter, ja! Aber dann fällt direkt das andere Bier von meinem Tablet. Das zweite Bier fiel runter, weil das Tablett das Gleichgewicht verloren hatte. Das ist Physik 101! Am Nebentisch fing sie an zu klatschen und gröhlen. Dem Pärchen war aber gar nicht zum lachen zumute und muss gedacht haben, ich würde hier eine Show abziehen wollen. Für den Rest des Tages wurde ich in die Küche beordert: Teller abwaschen! Kellnern ist einfach nichts für mich, auch wenn ich es dort noch 2 Wochen ausgehalten hatte.


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