Als ich zwölf war dachte ich dass es ein schreckliches Schicksal wäre hässlich zu sein. Ich war immer das "hübscheste" Mädchen in der Schule gewesen und ich empfand dies als normal. Egal ob ein Abschlusstanz gehalten wurde oder die inoffiziellen Wettbewerbe "der Schönsten der Klasse" ausgetragen wurden - ich stand immer im Mittelpunkt. Meine Eltern halfen mir auch diese Eitelkeit zu nähren, indem sie immer wieder die Bedeutung der physischen Schönheit betonten. Sie ließen sich auch nicht in der Öffentlichkeit einschüchtern und wiederholten ständig "mein Mädchen, sie ist die Schönste".

Mit fünfzehn war ich immer noch die "schönste" und die Jungs standen Spalier. Ich hätte sie alle haben können! Natürlich hatte ich mit fünfzehn bis sechzehn Jahren viele "Partner", aber das waren nie ernsthafte Dinge. Ab meinem zwanzigsten Lebensjahr begann meine körperliche Attraktivität dann jedoch rasant an Bedeutung zu verlieren. Mit 24 befand ich mich objektiv ich in der Kategorie "ein hübsches Mädchen von vielen" und mit Ende zwanzig hatte ich meine kindliche Schönheit vollkommen eingebüßt. Kein Mann drehte sich mehr nach mir um oder sprach mich auf Partys mit einem Hintergedanken an. Ohne je großes erreicht zu haben empfand ich mich als gefallenen Star. Als jemand der von ganz oben den Fall ins Bodenlose erlitt.

Diese Phase in meinem Leben war sehr scher zu ertragen. Ich fühlte, dass mein Leben zu Ende ging, dabei stand ich sowohl beruflich als auch menschlich erst am Anfang. Aber das konnte ich nicht erkennen. Ich war blind vor Schmerz. Ich sehnte mich nach meiner Kindheit. Nach dem angehimmelt-werden, dem im-Mittelpunkt-stehen. Ich begann zu trinken und begann ich eine Reihe von ästhetischen "Retuschen", die ich heute sehr bereue. Ich war weit davon entfernt wie Donatella Versace auszusehen aber ich habe viele Gesichtsliftings gemacht und ich habe Botox gespritzt. Nach ein paar Jahren waren diese ästhetischen "Retuschen" sehr offensichtlich. Hinzu kam meine Sucht nach Fitness-Studios und mein Streben nach einem perfekten Körperbau. Meine Figur war entstellt.

Zu dieser Zeit konzentrierte ich mich nur auf mich selbst und bestätigte mein Ego durch regelmäßige One-Night Stands. Ich bin wirklich mit den schmierigsten Typen ins Bett gesprungen, weil mich das für ein paar Stunden aufheiterte. Heute bin ich froh, dass ich mir keine STDs eingefangen habe. Tripper, Gonorrhoe, Chlamydien, ich muss ihnen als Wirt nicht attraktiv genug gewesen sein, ich hatte einen Schutzengel. Glücklicherweise ging es mir wirtschaftlich gut. Meine Sehnsüchte befriedigte ich bald durch intensives Reisen: Wohl wissend, dass meine Jugend nicht mehr wiederkehren würde kompensierte ich meinen Drang nach Schönheit immer öfter durch einen ausgeprägten Eskapismus.

Auf einer meiner vielen Reisen nach Asien gelang ich nach Indien. Dort fand ich in Mata Amritanandamayi (Amma) meinen Guru und spirituelles Vorbild. Durch sie fand ich zu mir selbst. Zur universalen Erkenntnis des Eins-Sein mit sich selbst und der Welt. Ohne die Begegnung mit Amma wäre ich heute nicht hier und könnte diese Zeilen verfassen.


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