Begegnung mit einem Bär

Mein Freund und ich verbringen unsere Urlaube gerne in der Natur, wir lieben es zu wandern. Vor 4 Jahren sind wir gemeinsam nach Rumänien gereist um dort die Karpaten zu durchforsten. Wir mieteten eine kleine Hütte am Waldrand - es war ein Traum. Es gab einen Kamin und die Umgebung versprach absolute Stille, eine perfekte Location um 2 Wochen abzuschalten und sich der Natur hinzugeben.

Wir wanderten vom ersten Tag an ausgiebig. Jeder von uns führte einen Rucksack mit Proviant mit sich. Wasser, belegte Brote und Snacks - und das nicht wenig, denn wir waren immer lange unterwegs. Die Karpaten sind wunderschön und unberührt, kaum Touristen und dort wo wir Menschen begegneten wurden wir sehr herzlich aufgenommen - trotz immer wiederkehrender Sprachbarrieren.

Eine Begegnung der anderen Art hatten wir am 8. Tag unserer Reise. An diesem Tag entschieden wir uns, eine ähnliche Tour noch einmal zu begehen. Die Idee war, dass wir - da wir den Weg ja bereits kannten - uns weniger mit GPS und Wanderkarten beschäftigen mussten und uns voll auf die Natur einlassen konnten. So liefen wir los, immer der Nase lang, bis wir feststellten, dass wir uns verlaufen hatten.

Das Dilemma: wir versuchten durch Abkürzungen zurück zu dem Ausgangspunkt zu kommen, doch das gelang uns nicht. Zudem gab es in der Gegend kein GPS Signal und unsere Karten hatten wir erst gar nicht mitgenommen. Wir hatten einige Anfängerfehler begangen, befanden uns im tiefen Wald und orientierten uns also nach der Sonne. Wir liefen gen Süden in der Hoffnung, von dort am schnellsten wieder in die Zivilisation zu gelangen.

Es war gegen halb vier als wir aus der Ferne ein Jaulen wahrnahmen. Es klang nicht nach einem Wolf oder einem Hund, es war ein beissendes Geräusch in hoher Tonlage. Wir konnten es nicht einordnen aber waren vorgewarnt und bewegten uns zielstrebig immer der Sonne entgegen. Nach einigen Minuten war kein Jaulen mehr zu entnehmen und wir wanderten eine gefühlte Stunde bis wir erschöpft Rast machten.

Zum Glück hatten wir ausreichend Snacks und Wasser mitgebracht und so verzehrten wir mitten im Wald unser Proviant. Doch da, plötzlich wieder dieses Jaulen. Es kam aus dem Dickicht und diesmal war es wesentlich lauter. Es muss sich irgendwer oder irgendwas in unserer unmittelbaren Umgebung befinden. Uns wurde nun richtig mulmig und wir starrten in den Wald.

Plötzlich entnahm mein Freund die unmittelbare Gefahr: ein kleines Bärenjunges befand sich keine 20 Meter entfernt von unserem Rastplatz und beobachtete uns argwöhnisch aus vermeintlich sicherer Distanz. Uns gefror das Blut in den Adern - gewiß war der kleine Bär nicht das Problem, doch die Warscheinlichkeit, dass das Muttertier zugegen sei und ihr Revier sowie ihr Junges verteidigen würde, das war das eigentliche Problem.

Instinktiv und innerhalb von Sekunden packten wir unsere sieben Sachen und verbreiteten Brot und Nahrungsmittel auf dem Waldboden. Wir standen auf und entfernten uns behutsam. Und da sahen wir einen großen Bär der unseren Rastplatz aus einigen dutzend Metern Entfernung umkreiste. Unklar für uns zu erkennen, ob der Bär zu dem Jungen gehörte, ob er Angst vor uns hatte oder ob er einfach nur neugierig war. Doch dem Jaulen nach zu beurteilen mussten er uns die letzte Stunde lang verfolgt haben!

Wir entfernten uns weiter und konnten noch beobachten, wie beide Bären sich über unser Proviant hermachten. Wir konnten uns der Situation entziehen und fingen an zu rennen. Wir waren beide vollgetankt mit Adrenalin und wollten in jedem Fall sicherstellen, dass die Bären uns nicht wieder einholen konnten. So rannten / joggten wir eine ganze Weile bis wir auf einen Trampelpfad kamen der uns wieder zurück in die Zivilisation führte.

Es war rückblicknd eine unwirkliche und äußert nervenaufreibende Erfahrung. Die letzte Woche in den Karpaten verbrachten wir dann auch viel Zeit in der Hütte und verspürten kaum noch den Drang nach ausgedehnten Wandertouren.


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