Schmerz

24.02.2022

Schmerz

Ich weiß nicht, was das mit dir ist. Es macht mir so Angst, die Sache ohne meiner rosa- roten Brille, die ich mir schon mit 13 perfektioniert habe aufzusetzen, anzuschauen. Ich konnte schon immer gut meinen Schmerz herunterspielen, ich konnte immer gut, mir selbst was vorspielen. Du warst meine Klinge, ich habe mich jahrelang man dir verletzt. Ich war nie in dich verliebt, du warst bloß mein Mobber.

Ich weiß nicht, was mich mehr schockt, wie du damals mit mir umgegangen bist oder ich mit mir selbst. Ich wollte sterben, ich wollte mich betäuben, ich wollte dem nie auf dem Grund gehen, weil ich schon damals ahnte, was das für mich kostet. Ich stand am Abgrund, ich könnt' alle meinen, was ihr wollt, aber ich habe den Tod kurz in die Augen gesehen. Das müsst ihr nicht verstehen.

Es ist nichts Romantisches, du hast nie mein Herz gebrochen, sondern mich. Vielleicht habe ich es auch zugelassen und dir sogar geholfen. Ich war 14 und hoffnungslos. Ich musste mir das so verdrehen, sonst hätte ich es nicht ausgehalten. Ich habe heute noch deine Stimme in meinem Kopf, wie sie mich schlecht macht. Nur hat sie sich meine Stimmfarbe angeeignet.

Heute sage ich schreckliche Dinge zu mir, die du gesagt hättest. Du warst nie an allem Schuld, aber an vielem schon. Du hast dich nie entschuldigt, niemals. Du warst einfach ein Soziopath!

Alles, was du mir angetan hast, hab' ich mir später selbst angetan. Was für eine Angst ich jetzt habe, dass mich jeder Typ behandelt wie du. Ich verschließe mich vor jedem, lass keinen an mich ran, weil du es geliebt hast, alles, was ich dir anvertraut habe, gegen mich zu verwenden. Es ist so unfassbar. Ich habe schon so viel über dich geschrieben und mein Schreibfluss wird niemals was dich angeht stoppen.

Du hast mich traumatisiert, du hast mich ignoriert, wenn ich mal nicht dein stummes Anhängsel war, wenn ich mich mal selbst geschützt habe und hast mich dafür leiden lassen. Du wirst auflachen bei dem Satz, aber du hast mich emotional missbraucht. Aber alles cool, auch damals war das nichts Neues für mich. Aber auf der Ebene schon. Du wolltest mich manipulieren, du hast mich immer wieder fallen gelassen, wenn ich dachte, du magst mich irgendwie, auf einer eigenen verqueren Art.

Ich hab's irgendwann als „Kleinmädchen- Drama" runtergespielt, aber es war immer viel mehr als das. Das weißt sogar du würdest die Sache mal an dich heranlassen. Ich kann mir heute sogar ausmalen, wie du heute drauf bist. Du bist nicht allzu komplex wie du denkst. Ich weiß, du hattest auch Probleme. Wie widerlich hast du dich denn gefühlt, wenn du es immer nötig hattest, andere immer schlecht zu machen?

Ich kann's mir gar nicht vorstellen. Trotzdem habe ich das Gefühl, dass uns etwas verbindet. Ich weiß jeder würde mich dafür verrückt halten. Wie erbärmlich ich bei dir war ist unfassbar. Erinnere mich bloß nicht! Du hast trotzdem etwas in mir verdreht. Ich glaube, das hat viel mit dir zu tun, dass ich nette Jungs nicht abhaben kann. Ich hab' zeitweise den Teufel in dir gesehen, aber eins kann man dir lassen, du warst nie langweilig.

Und da verliebe ich mich Jahre später einmal in jemand Nettes, kann sogar meine Mauer etwas bröckeln lassen und es stellt sich heraus, dass er ebenso diese Züge hat und es hat mich noch mehr angezogen. Etwas in mir hast du verkorkst, verdreht oder wie man das nennt. Das ist doch abnormal! Zuneigung schreckt mich ab und Rücksichtslosigkeit zieht mich an. Das kann nur eine Therapie richten, ich weiß. Aber eins sei dir bewusst, du benötigst genauso eine. Deine kranke Art habe ich gesehen, ich hab' sie oft abbekommen und selbst ich mit meiner tristen, gestörten Kindheit war verstört davon. Trotz allem habe ich das Gefühl etwas verbindet uns. Etwas Tiefgreifendes. Oder mein verdrehtes 15- jähriges Ich spricht da gerade.

Du kannst davor ewig weglaufen, tu ich genauso. Aber in einem anderen Universum, in einer anderen Welt, in einer weit entfernten Parallelwelt hätten wir normale Freunde sein können ohne diesem ganzen gestörten Scheiß. Wir hätten beide eine friedliche Kindheit gehabt und in uns selbst und in den anderen Frieden gefunden.

Aber in dieser Realität wünschte ich jeden Tag, dass wir uns nie getroffen hätte. Ich wünsche mir ein Ich ohne Wunden, aufgeschlürfte Knie, blaue Flecken und Narben von dir. Ich ahne, dass dieses Monster in mir, das andere ständig wegschubsen versucht, du gut verstehen würdest. Was eine verkackte Ironie.


Lade Dir die kostenlose Geheimness-App für dein Smartphone und kommentiere den Beitrag!


Beitrag