Trauma von der Arbeit, aber empfindlich?

29.06.2022

Trauma von der Arbeit, aber empfindlich?

Kurze Vorinfo zum Verständnis.
Ich bin Erzieher und arbeite seit Jahren in Jugendhilfeeinrichtungen.

Für jene die sie nicht kennen:
Einrichtungen, in denen Kinder und Jugendlichen von pädagogischem Personal aufgenommen werden und in diesen Einrichtungen leben, bis sie wieder zurück zu den Eltern können. Geht das nicht, bis zur Volljährigkeit. Die Gründe warum jemand dort lebt gehen von verstorbenen Eltern bis zu Misshandlung der Kinder und Jugendlichen (im folgenden als Klienten benannt).

In diesen Gruppen leben zumeist bis zu 6/7 Klienten, mit unterschiedlichen Hintergründen und oftmals Schwierigkeiten im sozialen und/oder emotionalen Bereich.

So kam es vor Jahren vor, dass ich in einer Einrichtung gearbeitet habe, in welcher durch verschiedene Umstände fast kein Personal mehr angestellt war. Das hatte starke Strukturlosigkeit zufolge, weil neue Fachkräfte (auch ich) die Regeln und Strukturen der Gruppe nicht kannten und den Klienten keinen geregelten Ablauf bieten konnten.

Die Klienten damals waren gewaltbereit, psychisch gestört mit schweren Diagnosen (Borderline/Shizophrenie/scheres FASD uvm.) und konnten die Strukturlosigkeit nicht gut vertragen.

Es kam also vor, dass ich einen Klienten festhalten musste, weil dieser den anderen mit einer Metallstange versucht hat den Schädel einzuschlagen. Die Kollegin hat dann erste Hilfe am Klienten gemacht. An anderen Tagen war es ein Backstein, der ein anderen Klienten gezielt umbringen sollte, was ich aber zu verhindern wusste.

Zu manchen Zeit konnte ich mit dem Fixieren und der Gewalt gut umgehen und zu anderen hatte ich Angst um mein Leben.

So war es Abends, ein Klient befand sich in der Küche und hatte ein Küchemesser zur Fleischverarbeitung in der Hand. Unseren Hauswirtschaftskraft hat es mal wieder nicht weggeschlossen. An diesem Abend habe ich mit meinem Leben abgeschlossen gehabt. Es kam zu keiner richtigen Eskalation aber ich habe diesen Moment so prägnant vor Augen, weil ich wusste, dass dieser Klient bereit ist, mich umzubringen. Er war 10 Jahre alt.

Selbst nach Jahren sitzten viele dieser Erfahrungen so tief in meinem Mark und Bein aber alle scheinen das als Ok abzutun.

Ich arbeite weiter in der Jugendhilfe, aber wenn jemand mit einem Messer vor mir steht und ich kann ihn nicht einsortieren, habe ich immer noch Angst um mein Leben.

Ich weiß nicht was ich tun soll. Es scheint "normal" zu sein, dass man so etwas wegsteckt. Ich habe es nicht gut vertragen, will aber auch nicht als unbelastbar gelten.

Versteht man, was ich meine?


Lade Dir die kostenlose Geheimness-App für dein Smartphone und kommentiere den Beitrag!


Beitrag